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Ökologische Landwirtschaft auf Gagliole

 

Moderner Weinbau

In einem Klima, das von saisonalen Unregelmäßigkeiten, stetig steigenden Durchschnittstemperaturen und stark variablen Niederschlagsmengen gekennzeichnet ist, da wird Landwirtschaft mit hohen Qualitätsstandards zu einer wahren Herausforderung.

Für den Weinbau gilt dies in besonderem Maße, geht es doch um die Kultivierung einer mehrjährigen Pflanze in einjährigem Zyklus: die Rebe. Ihre Empfindlichkeit für abiotische Faktoren (wie das Klima) und biologische Einflüsse (wie Pilzkrankheiten oder Schädlinge) muss ständig berücksichtigt werden.

So sind optimales Wachstum und guter Ertrag der Weinreben keine Selbstverständlichkeit.

All dies macht einen veränderten Ansatz notwendig, bei dem die Pflanzen nach Prinzipien und Regeln der nachhaltig umweltverträglichen Landwirtschaft kultiviert werden.

Für eine solche Veränderung braucht es eine ganzheitliche Perspektive dem landwirtschaftlichen Ökosystem gegenüber, ein Verständnis seiner enormen Komplexität. Drastisch gesprochen, hat der Winzer dazu eine Waffe zur Hand: Die erhöhte Resilienz und Anpassungsfähigkeit von Reben und Pflanzen an abiotische und biologische Veränderungen.

Bekannterweise sind Wachstum, Blüte, Frucht und Vergehen einer Pflanze an der Ort ihres Entstehens gebunden. Dadurch entwickelt sie selbst unter widrigen Umständen eine größere Anpassungsfähigkeit und Resilienz.

Dank dieser Widerstandsfähigkeit und Reaktanz schaffen es Pflanzen, die Umgebung, in der sie entstanden sind, immer aufs Neue zu besiedeln.

 

Im Netzwerk der Wurzeln

Ein Aspekt dieser den Pflanzen eigenen Resilienz und Anpassungsfähigkeit, den sich der Landwirt zu Nutze machen kann, ist ihre Fähigkeit, über die Wurzeln untereinander zu kommunizieren. Dabei wird auch mit Pilzen, Mikroorganismen und Insekten des Bodens interagiert.

So gesehen gleicht der Weinberg einem einzigartigen System, in dem verschiedenste Pflanzen und Tiere ein komplexes Netzwerk aufbauen, das ihnen Interaktion und vereinte Abwehr natürlicher oder künstlicher Eindringlinge erlaubt.

Aus dieser Perspektive erscheint der Boden auch nicht mehr als bloßes physikalisch-chemisches Substrat von Teilchen und Nährstoffen mit dem Ziel einer Verankerung von Wurzeln. Vielmehr stellt er ein komplexes, lebendes System dar, in dem nicht nur physikalisch-chemische, sondern vor allem biologische Vorgänge stattfinden.

Dazu müssen die verschiedenen Bodenschichten kultiviert werden, um die zahllosen Lebewesen, die sie beherbergen, mit Nährstoffen und Leben zu versorgen: Pflanzen, Insekten und Mikroorganismen!

 

Das Unsichtbare kultivieren

Basierend auf dem Konzept der Agro-Ökologie hat Gagliole vor einigen Jahren die Vision verfolgt, neue und moderne Landwirtschaft zu betreiben, die neben Weinreben eben auch die Mikroorganismen im Inneren der Böden kultiviert, sozusagen „das Unsichtbare“.

Zu diesem Ziel haben wir eine ganze Reihe landwirtschaftlicher Techniken eingesetzt, um die Böden neu zu beleben und ihre mikrobiologische Aktivität zu erhöhen und zu verbessern.

Seit 2016 wurde dann auf ökologische Bewirtschaftung umgestellt, wodurch das Gut sich noch nachhaltiger in seine angestammte Umgebung einfügen konnte. 2019 bekam Gagliole die Auszeichnung für ökologische Landwirtschaft, unter der auch Weine produziert werden.

Für uns auf Gagliole bedeutet Biologische Landwirtschaft nicht nur, zum Schutz des Weinbergs auf chemische Substanzen zu verzichten. Vielmehr haben wir uns in all diesen Jahren bemüht, ein Landwirtschaftssystem zu schaffen, das hilft, die Fruchtbarkeit der Böden zu verbessern, den anthropogenen Einfluss zu begrenzen und dem Land, in dem unsere Weinberge kultiviert werden, volle Wertschätzung entgegenzubringen.

Mit Hingabe und Leidenschaft arbeiten wir jeden Tag daran, die mikrobiologische Aktivität unserer Böden zu intensivieren und gleichzeitig Resilienz und Resistenz unserer Kulturen zu stärken.

Lebendigkeit im Boden – Vereinigung von Wurzeln und Mikroorganismen

Neben der Gründüngung, mit der die obersten Bodenschichten des Weinbergs organisch aufgebessert werden, reichern wir seit 2016 die mittlere Bodenschicht durch Inokulation mit kleinstkörnigen Mikroorganismen an. Dies geschieht in 40 cm Tiefe, in der Wachstumszone des Wurzelstocks der Rebe.

Dank dieser besonderen Technik konnten wir mit der Zeit eine natürliche Symbiose anstoßen: Unsere Pflanzen erweitern mithilfe der Hyphen angesiedelter Pilze ihre Wasseraufnahmekapazitäten. Die Pilze wiederum können durch die Photosynthese der grünen Weinpflanze den eigenen Lebenszyklus verlängern.

Für den Erhalt dieser entscheidenden Symbiose liegt es an uns, für die Gesundheit unserer Böden zu sorgen, um das wunderschöne Band, das wir zwischen Wurzeln und Hyphen knüpfen konnten, stets stärker werden zu lassen.

Somit war die Inokulation im Frühjahr 2016 nur ein erster Schritt auf einem langen, faszinierenden Weg. Jahr für Jahr folgen punktuelle Wiederholungen, um unsere kleinen „Freunde“ zu pflegen.

Durch die beschriebene Öko-Symbiose konnten wir folgende Zeile vereinen:

  1. Verbesserung der pflanzenphysiologischen Aktivität im Weinberg;
  2. Reduzierter Wasserstress während Trockenperioden und Sommerhitze;
  3. Optimierung der entscheidenden Reifungszeiten der Trauben;
  4. Höherer Mineralgehalt in unseren Trauben und somit auch ein ausgeprägteres Terroir und eine höhere Qualität in unseren Weinen;
  5. Bessere Resistenz der Reben gegen pathogene Bedrohungen;
  6. Immer weitere Reduktion von Pflanzenschutzmitteln wie Kupfer, die auf längere Sicht toxisch auf den Boden wirken und damit die gutartigen Pilze hemmen;

 

Insekten im Weinberg

Nicht minder wichtig ist unser Zugang in Bezug auf Schadinsekten im Weinberg. Hier hat sich der vollkommene Verzicht auf chemische Insektizide schließlich als beste Waffe gegen diese unerwünschten Gäste herausgestellt.

Im Kampf gegen Schädlinge wie rote Spinnmilben und Schildläuse werden parasitäre und entomophage Insekten, die also selbst Insekten fressen, eingesetzt. Der Befall durch rote Spinnmilben, die vor allem das Blattwerk und hier zuvorderst jenes von Cabernet Sauvignon und Merlot angreifen, konnte dank der eingesetzten Raubmilben stark gesenkt und fast eliminiert werden. Zudem konnte durch die Anagyrus Schlupfwespe, die sich von Schmierläusen ernährt, ein Befall von Beginn an unterdrückt werden.

Die Vermeidung chemischer Substanzen im Weinberg hatte eine weitere Konsequenz. Und zwar konnten wir dadurch eine alte, eigentlich unerlässliche agronomische Technik für uns wiederentdecken: die Verkostung der Weinbeeren noch im Berg. Dieser Vorgang erlaubt uns, den optimalen Erntezeitpunkt zu bestimmen und dabei die Frucht reiflich überlegter, naturverbundener Arbeit zu schmecken; einer Arbeit, mit der wir immer weiter Terroir und Kultur in unseren Weinen verbessern werden.